Susanne Breuer - Konflikte als Chancen

Wenn man mit Susanne Breuer spricht, spürt man ihre Energie und ihre optimistische Entschlossenheit. Die erfahrene Trainerin ist zur Expertin in einem Thema geworden, das die meisten meiden: Konflikte. Diesen widmet sie sich mit Begeisterung. Wer mehr erfahren möchte, kann hier ein Portrait der Trainerin der Chemieverbände lesen. Sie gibt die Seminare "Coaching am Arbeitsplatz" und "Sich selbst und andere durch Konflikte führen".

„Sei die Veränderung in dir, die du
dir wünscht für diese Welt.“ Gandhi

Susanne Breuer ist mit Mitte 20 in einer Führungsposition „geschlittert“. Rückblickend sagt sie, sie war unerfahren, „vielleicht auch naiv“ und vor allem: nicht für die Führungsaufgaben ausgebildet. Diese Herausforderung hat sie inspiriert, dazu zu lernen. Zwei Fragenkomplexe arbeitete sie aus der damaligen Situation heraus:

  1. Wie kommunizieren Menschen? Wie kann man Missverständnisse klären? Wie kann man alle auf eine konstruktive Weise zusammenbringen?
  2. Wie kann man gut mit Missverständnissen umgehen und Konflikte annehmen?

Diese beiden Aspekte stehen im Zentrum der beiden Seminare, die Susanne Breuer für den AGV Chemie gibt: Konfliktmanagement und Coaching. Ihre Trainings sollen Führungskräften und jene, die es werden wollen, auf ihre Führungsaufgaben vorbereiten. Dazu gehören Fähigkeiten wie Selbstmanagement, Kommunikationsstärke und Konfliktkompetenz.

Besonders Konflikte werden oft gemieden. Susanne Breuer hat da einen anderen Ansatz:

„Ein Konflikt ist eigentlich ein Geschenk – ein Impuls für die Persönlichkeit.“

Für Breuer fängt Konfliktmanagement bei sich selbst an. Darauf weist auch schon der Seminartitel hin: sich selbst – und dann erst andere – durch Konflikte führen. „Die meiste Arbeit an einem Konflikt liegt bei einem selbst“, so Breuer. „In der Eigenreflexion sollten wir uns fragen: Welche Automatismen steuern mich grade? Da ist der Umgang mit Emotionen und festgefahrenen Einstellungen: `Der andere muss sich ändern.` Erst nach der Selbstklärung geht man in den Perspektivwechsel.“ Dabei setzt sie auf Methoden wie das Tetralemma-Modell. Dazu später mehr.

Was ist ein Konflikt?

„Ein Konflikt hat vereinfacht gesagt drei Teile: der innere, der soziale und der strukturelle Konflikt. Letzterer bezieht sich auf die Organisation, der soziale auf die Beziehung zum Gegenüber und der erste auf die eigene Prägung. Ist man sich dieser Teile nicht bewusst, ist man quasi im Blindflug.“

Emotionen spielen ihrer Erfahrung nach bei allen Konflikten eine Rolle. „Unser limbisches System, also der Teil, der im Gehirn die Emotionen verarbeitet, überstimmt bei Stress die kognitiven Funktionen des präfrontalen Cortex. Eine situationsangemessene Handlung ist in der Phase nicht möglich.“ Dies sind gewöhnliche kognitive Prozesse. Den Umgang damit können wir lernen – „und das ist das, was sich viele Teilnehmer wünschen: Bei Konflikten souveräner werden.“ Breuer ist überzeugt: „Wir alle können gute Gespräche führen.“

Dazu sei es wichtig, inneren Abstand zur Situation zu gewinnen. Die Teilnehmer lernen von Breuer dazu verschiedene Methoden.

Konflikte methodisch klug lösen

Das Tetralemma-Modell wurde schon angesprochen. Es bricht eine für Konflikte übliche Blockade auf, indem es einen Perfektivwechsel animiert. Ein Konflikt ist oft ein Dilemma. Durch das Tetralemma werden weitere Aspekte berücksichtigt, was sinnvoll ist, denn oft fließen mehr Aspekte in einen Konflikt, als sich in der einzelnen Situation zeigen. Nun gibt es statt eines Dilemmas fünf Optionen, über die man weiterdenken kann: 

  1. ein Entweder,
  2. ein Oder,
  3. ein Sowohl -als-auch,
  4. ein Weder-noch,
  5. sowie ein All-dies-nicht-sondern-etwas-ganz-anderes.

Susanne Breuer arbeitet auch mit den logischen Ebenen der Konfliktanalyse aus der Neurolinguistischen Programmierung (NLP). Das NLP-Modell der logischen Ebenen beschreibt die "Ebenen der Veränderung". Sie erklären wo ein Konflikt angesiedelt ist: Gibt es einen Werte-, Interessens- oder Kompetenzkonflikt? Liegt es an der ungünstigen Umgebung? Gibt es eine Vorgeschichte? Aus den Antworten ergeben sich Lösungsansätze.

„Intuitiv machen die meisten schon viel richtig.“

Daneben gibt es weitere Methoden, mit denen ein Perspektivwechsel möglich wird. Ganz simpel: Eine kurze Pause machen, in der man einmal „um den Block“ geht – oder sogar eine Nacht drüber schläft. Mit klarem Kopf kann man dann auf diese drei Fragen Antworten finden: Wie schaut der Konflikt aus meiner Perspektive aus? Wie aus der des Gegenübers? Und wie aus der Vogelperspektive? Die Haltung der „doppelten Perspektive“ ist übrigens eine der „Hausaufgaben“, die Breuer den Teilnehmern gerne mitgibt.

Im Idealfall finden die Teilnehmer am Ende ihre persönliche Konfliktstrategie: Sie wissen, wie sie typischerweise reagieren und mit welcher Methode ihnen ein rationaler, offener Blick auf den Konflikt gelingt.


Konfliktprävention

  • Gelassenheit: Die meisten kennen den utopischen Wunsch nach Konfliktfreiheit. Das Gute: Mit der Zeit lernt man immer besser, mit Konflikten umzugehen,
  • Nicht aufschieben: Den Konflikt lösen, wenn er noch klein ist.
  • Eine gute Einstellung Konflikten gegenüber entwickeln: Es „sportlich nehmen“. Vertrauen in die eigene Person und Zuversicht in den Lösungsprozess entwickeln.
  • Resilienz: Guter Umgang mit sich selbst (ausreichend Schlaf, Ausgleich, Bewegung usw.)

Weiterlesen:

Das Interview führte Stefanie Lenze. Es erschien zuerst im Programmheft des AGV Chemie 2021.