Frauen in Führung: Drei Schritte für mehr Erfolg
Was kann ich tun, um als (weibliche) Führungskraft erfolgreicher zu sein?
Fünf Minuten vor Seminarbeginn bildet sich eine Schlange vor dem Kaffeeautomaten; lautes Lachen hallt im Vorraum. Die Stimmung ist gut auf dem Seminar „Frauen in Führung“ und das Energielevel ist nun dank Koffein hoch. Ein Seminar nur für Frauen – ist das wirklich notwendig? Ja, lautete die Antwort der Teilnehmerinnen. „Genau auf so ein Angebot habe ich gewartet“, verriet eine der erfahrenden Führungskräfte. Zur Begrüßung sagte Maximilian Kern, Geschäftsführer Bildung im AGV Chemie: „Eine typische Beobachtung habe ich bereits gemacht: Sie sind kurz vor dem Seminar da. Ihre Kollegen wären bereits seit einer halben Stunde vor Ort und würden sich austauschen.“ Über diese und andere Unterschiede ging es dann auch im Seminar unter der Leitung von Heike Schönmann. Sie brachte zahlreiche Methoden mit, mit denen die Teilnehmerinnen ihr Führungsverhalten reflektieren, ihre Stärken erkennen und für die Zukunft zielgerichteter werden einsetzen können. Letztlich drehte sich alles um die Frage: Was kann ich tun, um als (weibliche) Führungskraft erfolgreicher zu sein?
1. Schritt: Wo stehe ich?
„Drei zentrale Empfehlungen:
Nutzen Sie jede Chance, um
präsent zu sein. Bauen Sie
Beziehungen auf, bevor Sie sie
brauchen. Und Netzwerken
Sie nicht nur auf Ihrer Ebene.“
Heike Schönmann
Gesetzt den Fall ich plane, mich in eine Führungsposition mit Personaloder Projektverantwortung zu entwickeln. Welche Schritte sollte ich unternehmen? Oder vielleicht habe ich diese Rolle (neu) übernommen und suche nach der Lösung für Konflikte mit Mitarbeitern oder Projektpartnern. Was kann ich tun, um meine Interessen bzw. die Interessen des Projekts besser durchzusetzen? Diese und mehr Fälle wurden im Seminar „Frauen in Führung“ analysiert und Handlungsoptionen entwickelt.
Die Rolle als Führungspersönlichkeit definieren
Der erste Schritt ist eine Reflexion: Was habe ich aufgebaut? Wo stehe ich im Moment, wo könnte es hingehen? Über welche Kompetenzen und Abschlüsse verfüge ich, welche Erfolge kann ich verzeichnen? Das Ergebnis dieser Situationsanalyse diskutierten die Teilnehmerinnen mit einer Sparrings-Partnerin, die die richtigen Nachfragen stellte und ihre Sicht auf die persönliche Entwicklung schilderte. Der nächste Schritt klärt die Frage, welche Faktoren den Erfolg wirklich fördern (und welche nur vermeintlich). Doch bevor wir über Selbstmarketing, Netzwerken & Co sprechen, zunächst etwas Grundlegendes: Was bedeutet es, Führungskraft zu sein? Welche Erwartungen werden an eine Führungspersönlichkeit gestellt?
Was bedeutet Führung?
Neben fachlicher Expertise und Managementskills ist Führung viel Kommunikation. Hier kommt es oft zu Missverständnissen, die zum Teil ihre< Ursache in verschiedenen Kommunikationsstilen haben – sowohl im persönlichen Stil, als auch in „typisch weiblichen“ Verhaltensweisen. Wirklich trennscharf lassen sich Kommunikationsstile nicht in Geschlechtertypen einteilen. Dennoch zeigen sich Muster. Und sich dieser Muster bewusst zu werden und abzugleichen mit den Kriterien, die eine gute Führungskraft erfüllt, kann aufschlussreich sein. Diese Analyse ist ein erster Schritt für die gezielte Anpassung des eigenen Führungsstils. Hilfreich ist hier auch das Feedback anderer, die einem Aufschluss über die eigene Wirkung geben können. Dieses Feedback erhielten die Teilnehmerinnen im Seminar. Viel wurde diskutiert über die richtige Herangehensweise in Mitarbeitergesprächen, Gehaltsverhandlungen oder konfliktgeladenen Diskussionen in wichtigen Projekten. Die Lösungsvorschläge aus der Gruppe waren sehr individuell und lassen sich an dieser Stelle nicht zusammenfassen.
Die wichtigsten Eigenschaften einer guten Führungskraft
Wer einer Selbstanalyse machen und mit dem Feedback von Freunden oder Kollegen arbeiten möchte, findet hier Eigenschaften einer guten Führungskraft:
- Klarheit und Eindeutigkeit in den Aussagen – nur so gewinnt man Vertrauen.
- Entscheidungen treffen und dazu stehen – das bedeutet Verlässlichkeit. Die Entscheidungen sollten transparent und nachvollziehbar sein.
- Für die Mitarbeiter ansprechbar bleiben und ihnen zuhören.
- Wertschätzung und Vertrauen zeigen, sowie dem Team Rückendeckung geben.
- Verantwortung übertragen und nicht ständig kontrollieren – als Führungskraft ist man Managerin, keine Fachkraft.
- Offenheit für neue Ideen zeigen – die Kreativität des Teams nutzen.
- Den Mitarbeitern eine Perspektive für ihre berufliche Entwicklung
- geben. Nicht nur hier ist ein gutes Netzwerk hilfreich.
- Und natürlich: Vorbild sein.
2. Schritt: Erkennen, welcher Weg wirklich zum Ziel führt
„Werfen wir einen Blick darauf, was Ihren beruflichen Erfolg wirklich fördert,“
sagte Heike Schönmann. „Es ist nicht, wie Sie wahrscheinlich annehmen,
Ihre fachliche Kompetenz und Ihre Einsatzbereitschaft. Wenn Sie
sich in Ihr Büro zurückziehen und die Dinge fleißig abarbeiten, werden Sie
keine Karriere machen – weil niemand von Ihrer Leistung erfährt.“
Viele Frauen tappten in die gleiche Denkfalle, nach der sie annehmen, dass ihre Leistung sicher bemerkt und honoriert würde. Wissen und Kompetenz jedoch sind nur der kleinste Erfolgsfaktor – eine Studie zufolge zahlt dieser Faktur nur zu 10 Prozent auf beruflichen Erfolg ein.
Weit wichtiger sind Selbstdarstellung und Bekanntheit. Für Frauen in Führung oder mit Führungsambitionen bedeutet das: investieren Sie in eine positive Selbstdarstellung und in eine größere Bekanntheit. Und bringen Sie sich selbst ins Spiel, wenn es um interessante Positionen und Projekte geht – denn Sie werden wahrscheinlich nicht gefragt.
3. Schritt: Die Richtung stimmt? Los!
Viele Frauen tun sich mit einer selbstbewussten Selbstdarstellung schwer. Die Gründe sind vielfältig; die Sozialisation und Erwartungshaltungen< gegenüber Frauen spielen dabei eine Rolle. Aber letztlich ist das Ziel, sich< ins Spiel zu bringen und sich selbst, die Abteilung, die Projekte bekannter zu machen.
An der Wirkung arbeiten
Daher der Appell: Sprechen Sie über Ihren Verantwortungsbereich, Ihre Projekte und Erfolge – auf die richtige Art und Weise. Das bedeutet nicht, den typisch männlichen Habitus zu übernehmen: „Kommunizieren Sie nicht, wie Sie denken, dass ein Mann vorgehen würde – das führt in der Regel dazu, dass Sie nicht als authentisch wahrgenommen werden und im schlimmsten Falle nicht durchsetzungsstark ankommen, sondern als aggressive Zicke“, so Schönmann. Das andere Extrem – leise und vorsichtig, unter höflichen Fragen und sich entschuldigend sein Anliegen erklären – ist offensichtlich auch nicht zielführend. Insofern geht es hier um einen Mittelweg, der eine authentische und überzeugende Selbstdarstellung zulässt. Ein Gefühl dafür, worauf es ankommt und wie was wirkt, entwickelten die Teilnehmerinnen in zahlreicher Übungen und mit differenzierten Feedback der Anderen sowie der Trainerin. Das Ergebnis: klare, prägnante Selbstpräsentationen, in denen Verantwortungsbereich und Expertise deutlich wurden – und die Interesse an einem weiteren Austausch weckten.
Bekanntheit in einem tragfähigen Netzwerk: die Vorteile liegen auf der Hand
Nur wenn Sie bekannt sind, wird an Sie gedacht – bei der nächsten vakanten Führungsposition, dem strategisch wichtigen Projekt, der Budgetverteilung. Aber auch im Führungsalltag ist ein Netzwerk sinnvoll: so erfahren Sie, welche Personen bei Ihren Aufgaben hilfreich sein könnten; Sie finden Mitstreiter für Ihre Anliegen; Sie erhalten den entscheidenden Hinweis für ein Problem – die Liste lässt sich leicht fortführen. Die Reaktion der Teilnehmerinnen auf den Appell, mehr über ihre Aufgaben zu sprechen, war typisch: Bisher waren sie zurückhaltend, bei jeder sich bietenden Gelegenheit über ihre Arbeit und vor allem explizit über ihre Erfolge zu sprechen. Es geht hier jedoch nicht um egozentrische Selbstdarstellung.
Vielmehr sollte man dies als eine Art „working out loud“ verstehen, bei der Andere an der eigenen Arbeit teilhaben und auch für sich etwas lernen kann. Nur wer weiß, woran Sie arbeiten, kann Ihnen den hervorragenden Impuls geben, wenn Sie an einer Stelle nicht weiterkommen. Man muss seinem Netzwerk die Chance geben, für einen zu arbeiten. Denn: „Man muss nicht alles alleine machen – das weiß ich jetzt“, gab eine Teilnehmerin zu. Daran schließt sich die Frage an, wer für den beruflichen Weg wichtig ist? In welche Richtung sollte man sein Netzwerk verdichten oder erweitern? Auch hierzu hatte Trainerin Schönmann eine effektive Methode dabei, die die Teilnehmerinnen direkt umsetzten und die Ergebnisse im Team vorstellten.
Checkliste für einen überzeugenden Auftritt
Diese Liste entstand aus den häufigsten Rückmeldungen der Teilnehmerinnen, die die Auftritte der Kolleginnen analysierten:
- Hohe Stimme in der „dünnen“ Kopfstimme. Besser in der entspannten Stimmlage, der Bauchstimme, sprechen – so finden Sie Ihre Indifferenzlage, in der Sie natürlich klingen.
- Zu hohe Geschwindigkeit beim Sprechen – sorgt für Versprecher und kann den Gegenüber stressen.
- Öfter tief Luft holen – die Pausen tun beiden Seiten gut.
- Bei der Wortwahl auf „typisch weibliches“ Vokabular (könnte, würde, vielleicht, mal eben, bitte, Entschuldigung…) verzichten – so gewinnen die Sätze praktischerweise gleich auch an Prägnanz und Verständlichkeit.
- Und zuletzt ein inhaltlicher Punkt: nicht vergessen, die letzten Erfolge zu erwähnen.
Wie man sein Netzwerk stärkt
- Besuchen Sie so viele Veranstaltungen wie möglich. Und kommen Sie nicht kurz vor knapp und bleiben Sie danach noch zum entspannten Smalltalk da.
- Reden Sie in der Kaffeeküche mit Kollegen über Ihre aktuelle Aufgabe.
- Gehen Sie mit Personen essen, die Sie noch nicht kennen.
- Besuchen Sie bei jeder Gelegenheit Kollegen an anderen Standorten, oder Mitarbeiter anderer Betriebe, Behörden usw.
- Sorgen Sie für Reichweite, indem im Intranet, Newsletter oder dem
- Social Media Auftritt über Ihre Projekte, Aktionen oder Netzwerke
- geschrieben wird.
- Wenn es eine Bühne gibt: gehen Sie selbst hinauf. Und abends an die Bar.
- Und vor allem: Machen Sie nicht die Fleißarbeit, sondern die wichtigen Projekte.
Text & Bild: Stefanie Lenze