Das Seminar zur Konfliktkompetenz hat zum Ziel, solche Situationen nicht weiter eskalieren zu lassen. Dabei geht es nicht darum, in einer Konfliktsituation andere zu dominieren oder eine Auseinandersetzung zu gewinnen. Vielmehr geht es um den richtigen Umgang mit Emotionen sowie den respektvollen Umgang miteinander, um eine stabile Lösung in der Situation zu finden. In dem zweitägigen Seminar gibt es für die Teilnehmer ein abwechslungsreiches Programm von Theorie und Praxis, um spontane Verhaltensweisen zu verstehen und um sein eigenes Konfliktverhalten weiterzuentwickeln.
Warum bucht man so ein Seminar?
Die Teilnehmer-Gruppe sitzt im Kreis. Vor sich die klassischen Moderationskarten, daneben die Seminarmappe der Chemieverbände. Frauen und Männer sind vertreten. Sie sind in der Geschäftsführung, Sachbearbeitung, HR-Abteilung und in der Kommunikation tätig. Erfahrene Menschen, die bereits mehr als eine schwierige Situation erlebt haben. Die Motivation ist sehr unterschiedlich: Während die einen mehr Souveränität gegenüber anderen Konfliktbeteiligten erlernen wollen, geht es anderen darum, die eigenen Emotionen besser zu kontrollieren. Gesprächs- und Fragetechniken stehen ebenso im Fokus wie die innere Haltung.
Hier setzt auch Susanne Breuer an. Sie leitet das Seminar und machte gleich zu Beginn deutlich, dass dies kein Rhetorik-Seminar mit Hinweisen zur Körperhaltung ist. Der Schwerpunkt liegt vielmehr in der Reflexion der Situation und sie regt zu einem Perspektivwechsel an: Der Arbeit an der eigenen Haltung zum Konflikt. Einige Teilnehmer gaben an, dass impulsive Reaktionen sowie Kompromissbereitschaft im Alltag schnell negativ ausgelegt werden. Abhängig vom Geschlecht oder der sozialen Stellung schwankt die Rückmeldung zwischen „Zicke“ und „Duckmäusertum“.
In der Praxis kann die Selbstreflexion schnell zu einer Herausforderung werden. Besonders in der Situation, in der zwei Welten binnen kurzer Zeit aufeinanderprallen: Das Bedürfnis zur sachlichen Lösungsfindung und die Emotionalität des Moments.
„Konflikte werden mit Herz und Verstand gelöst.“ (Susanne Breuer)
Im Seminar gibt es wertvolle Impulse, wie man sich und das eigene Rollenverständnis hinterfragen kann und seine individuelle Konfliktkompetenz weiterentwickelt. Wichtig ist Susanne Breuer, dass jeder seinen Weg finden muss. Eine Musterlösung für korrektes Verhalten gibt es nicht. Auch wenn sich die Menschen gerne an Musterbeispielen orientieren, sind diese nicht immer hilfreich. Wie der Tipp aus einem Seminar mit der Polizei. Hier wurde empfohlen, immer den Augenkontakt zu halten, um Selbstbewusstsein zu demonstrieren. Das dies nicht funktioniert, wenn die eigene Persönlichkeit nicht dafür geschaffen ist, wurde binnen zwei Minuten an einem Beispiel eindrucksvoll deutlich.
Love it, Change it or Leave it
Konflikte und deren Verlauf sind unter anderem sehr stark abhängig von den beteiligten Persönlichkeiten und der Bedeutung des Konfliktes für diese. Geht es wirklich um den einen Konflikt? Oder gab es im Vorfeld bereits mehrere Konfliktsituationen, die in einer Art „Rabattmarkenheft“ abgelegt wurden, um nun in Gänze in den einen Konflikt einzufließen. Dann können die Emotionen sehr schnell bestimmend sein in der Auseinandersetzung und eine Lösung rückt in weite Ferne. Auch stellt sich in Konfliktsituationen die Frage, ob alle Beteiligten an einer Lösung interessiert sind. Oder ob es Beteiligten nur darum geht, zu kritisieren und Sachverhalte schlecht zu reden.
In solchen Situationen empfiehlt Susanne Breuer, den Aufmerksamkeitsfokus zu hinterfragen. In der Regel reagieren viele Menschen sofort auf negative Impulse und fokussieren sich darauf, ohne jedoch den Konflikt befrieden zu können. Und auch wer sich in guter Absicht mit Negativ-Menschen auseinandersetzt, gibt Ihnen Raum und Aufmerksamkeit - ohne eine Lösung zu finden. Besser ist es, innerhalb einer Diskussions-Gruppe die Beteiligten mit neutraler Haltung für die eigene Position zu gewinnen.
Klappt es nicht, den Konflikt im Sinne einer gemeinsamen Lösung zu gestalten (change it), gibt es noch die Möglichkeit ihn anzunehmen (love it) oder im bestehenden Dissens zu beenden (leave it).
Konflikte lösen ohne Emotionen?
Emotionen haben ihren Ursprung in unseren natürlichen Reaktionsmustern wie Flucht, Angriff oder Starre. Sie erfolgen spontan und sind ein fester Teil der menschlichen Genese, um auf außergewöhnliche Situationen zu reagieren. Emotionen sind einfach da und meist nur schwer kontrollierbar. Aber sie sind Teil des Konfliktes und müssen raus. Eine Lösung ist es, die Situation zu unterbrechen, um den Emotionen den notwendigen Raum zu geben. Danach ist es einfacher, sich in die sachliche Lösung des Konfliktes einzubringen.
Im Seminar werden typische Konfliktsituationen und mögliche Handlungsoptionen dazu besprochen. Auch hier gilt der Perspektivwechsel in die Selbstreflexion: Warum bin ich persönlich emotional aktivierbar? Was kann ich daran ändern? Für die eigene Selbstreflexion ist der „Schmerzkörper“ nach Eckhart Tolle interessant – eine sehr bildhafte Philosophie zum Umgang mit Emotionen. Der Schmerzkörper ist Teil des Unbewussten. Er versteht darunter die Summe des Leidens, das wir in uns ansammeln und das zu bestimmten Reaktionsmustern führt:
Wenn zum Beispiel ein Mensch in Konflikten immer wieder unterliegt, kann ein Gefühl der Hilflosigkeit entstehen. Jede erneute Erfahrung von Hilflosigkeit wird diese Erinnerung verstärken. Wenn in einer erneuten Konfliktsituation dieses Gefühl angesprochen wird, kann es zu einer heftigen emotionalen Reaktion kommen. Diese hat dann nicht nur etwas mit der aktuellen Situation zu tun, sondern alles erlebte Leiden der Hilflosigkeit fühlt die betroffene Person auf einmal in sich. Die Erkenntnis, einen solchen Schmerzkörper zu besitzen, ist die Grundlage, um seine eigene Einstellung zu ändern.
„Entlaste den Schmerzkörper durch freie Emotionen zur richtigen Zeit - für mehr Gelassenheit.“ (Susanne Breuer)
So kann man sachlich Schlussfolgern
Der Umgang mit den Emotionen ist die eine Hälfte, die sachliche Beantwortung der Fragestellung die andere. Eine Hilfestellung ist die Analyse-Hilfe (siehe Abbildung). Die Analyse-Hilfe unterstützt dabei, andere Sichtweisen zu verstehen und ermutigt, die eigene Positionen klar darzustellen. So kann eine Konfrontation ausgehalten und nach einer gemeinsamen Lösung gesucht werden. Durch Übungen im geschützten Raum des Seminares haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, dies für sich anzuwenden.