Projektmanagement praktisch erlebt

Wer kennt das nicht: Zeitpläne laufen davon, Bausteine werden nicht geliefert, und wer ist hier nochmal im Lead? Der Alltag des Projektgeschäfts widerspricht leider oft dem Ideal. Gleichzeitig „fesseln” limitierte Ressourcen, gesetzliche Rahmenbedingungen und Kontrollen und begrenzen so den Handlungsspielraum. Den Erwartungen gerecht zu werden gelingt nur, wenn alle an einem Strang ziehen.

picjumbo, CC0

In einem guten Projektmanagement laufen alle Fäden zusammen.

Dieses fordert Planbarkeit, Transparenz, Effektivität und Geschwindigkeit. Wie die Projektorganisation aussehen sollte, zeigte das Seminar „Projektmanagement praktisch erlebt” des Arbeitgeberverbandes Chemie. Im Seminar ging es nicht um Softwaretools, sondern um die Methode: zu verstehen, wie man im Projektmanagement richtig und sinnvoll vorgeht.

Spielerischer Ansatz

Cornelius Geiger entwickelt seit 14 Jahren Planspiele und Simulationen für Unternehmen. Teil seines Seminars waren zwei Projektsimulationen, in denen Geiger diesen spielerischen Ansatz umsetzte. Und das hieß: das Projekt vom Briefing bis zur Abnahme durchzuziehen. Die Projektphasen wurden regelmäßig von Reflexionsphasen unterbrochen, in denen der Trainer seine Beobachtungen den Teilnehmern spiegelte und sie in die eine oder andere Richtung lenkte. Hilfreich war dies für alle, denn so setzten sie die frischen Erkenntnisse unmittelbar im weiteren Projektverlauf um.

„Es ist wichtig, eine Vorstellung davon zu
haben, was ein Projekt ist. Es klingt banal,
ist aber die Grundlage für gutes Zusammenarbeiten
und erfolgreiche Projekte.”
Cornelius Geiger

"Ich habe neue Methoden für mein Projektmanagement mitgenommen.” Für ihn war es auch gut, „mal jemand anderen in der Rolle des Projektmanagers zu sehen", sagte ein Teilnehmer. Nicht nur die Standardrollen in einem Projekt waren Teil der Simulationen. Es tauchten auch viele typische Reibungspunkte echter Projekte auf. Impulse durch den Referenten zeigten unmittelbar, wo die Lösung steckt. Durch die Anleitungen des Trainers wurde das Projektteam schneller in der Projektdurchführung. Praktisch erlebt bedeutete in diesem Seminar praktisch erfahren – und das ist die beste Art des Lernens.

„Was kostet Zeit? Was kostet Geld? Das sind wichtige Fragen. Oft startet man zu schnell. Zuerst sollte man das Ziel und die Rahmenbedingungen klären. Zu Beginn muss nicht alles minutiös geplant sein. Vieles konkretisiert sich im Ablauf.” Cornelius Geiger

Was ist ein Projekt?

Nicht jede neue Aufgabe ist ein Projekt. Projekte haben bestimmte Merkmale:

  • Keine Routine
  • Neuartigkeit bzw. Einmaligkeit
  • Zeitliche Begrenzung mit Anfangs- und Endtermin
  • Ressourcenbegrenzung
  • Komplexität
  • Zusammenspiel von Teilaufgaben und eines (abteilungsübergreifenden) Teams

Projekte bringen teilweise einen hohen Aufwand mit sich; auch administrativ. Gutes Projektmanagement macht daher Aufgaben transparent und überschaubar, entlarvt problematische Situationen frühzeitig und ermöglicht Anpassungen an veränderte Bedingungen.

Wann ein Projekt erfolgreich ist

Die Antwort klingt simpel: Ein Projekt ist erfolgreich, wenn der Kunde zufrieden ist. Schließlich bewertet der Auftraggeber den Erfolg des Projektes. Kundenorientierung, ganz gleich ob interner oder externer Kunde, ist essentiell. Daher ist es sinnvoll, die Kriterien des Kunden gleich zu Anfang zu definieren und als Orientierungspunkt festzuhalten. Dies gehört zur Planungs- und Klärungsverantwortung des Projektteams.

Der Projekterfolg bedingt sich aus den drei Kriterien

  1. Sache,
  2. Zeit
  3. und Kosten.

Die Sache sollte als Projektziel verstanden werden (Produkt, Dienstleistung, Anlage o.ä.). Kosten und Zeit sind die beiden wichtigsten Ressourcen. Je nach Projektart nehmen die großen Drei unterschiedliche Bedeutung ein. Zum Beispiel: Eine Messe ist unzweifelhaft termingebunden. Der Zeitfaktor spielt entsprechend die größte Rolle. Bei einem Investitionsgut wie einer Anlage kann die Sache und seine Qualität die größte Rolle spielen. Soll ein Projekt beispielsweise schneller fertig werden, oder wird der Zeitplan gesprengt, erhöhen sich Kosten.

Projekterfolg lässt sich als ein Dreieck darstellen

Zeit, Budget und Sache sind die drei Elemente des Projekterfolges. Sie stehen in einer Beziehung zueinander. Dieses Dreieck ist kein statisches Verhältnis. Änderungen eines Elementes beeinflussen die anderen Elemente.

Schnelle und gute Projektorganisation

Projekte sind komplexe Angelegenheiten. Daher ist ein systematisches Vorgehen sinnvoll. Dieses Vorgehen wird Projektlebenszyklus genannt.

Er folgt drei Prinzipien:

  1. Vom Groben zum Detail: In der operativen Projektplanung sollte man nicht sofort in Lösungen denken, sondern das Projekt in seiner Gesamtheit definieren.
  2. Strukturierung der Phasen: Projekte lassen sich in Phasen zerlegen. Typischerweise gibt es vier Grobphasen: Definition Planung  ► Realisierung ► Abschluss 
  3. Problemlösung: Welche Schritte sind nötig, um zum Ziel zu kommen? lautet die methodische Leitfrage. Fünf W-Fragen brauchen dafür eine Antwort:  
  • Was ist los?
  • Was soll erreicht werden?
  • Welche Lösungen sind möglich?
  • Welche Lösungen sind sinnvoll?
  • Wie ist die Lösung zu realisieren?

 

Der Projektstrukturplan

Ein Projektstrukturplan (PSP) ist quasi die To-do-Liste für ein Projekt. Ein PSP hat den Vorteil, dass ein Projekt in übersichtliche, machbare Teilbereiche aufgegliedert wird. So wird Komplexität reduziert. Und das ist das< Ziel des PSPs: das gesamte Projekt in einem Gliederungsplan mit allen Teilprojekten, Haupt- und Teilaufgaben und Arbeitspaketen abzubilden.

Wenn man ein PSP aufbaut, ist nur eine Frage wichtig: Was muss gemacht< werden, damit das Projekt gelingt? Das „Wann” wird hier ausgeklammert. Die Qualität eines PSPs steht und fällt mit der Vollständigkeit. Die Erstellung ist nicht die alleinige Aufgabe des Projektmanagers, sondern sollte im Team entwickelt werden.

Auch in den Simulationen organisierten die Teilnehmer das Projekt in einem PSP. Die anfängliche Skepsis wich, als klar wurde, dass ein PSP gerade dann nützlich ist, um ein Projekt von Anfang an zu strukturieren.

Das Projektteam

Wenn ein Projekt gut organisiert sein soll, sollten die Ziele, Aufgaben, Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse klar und eindeutig geklärt sein. Das gilt für alle Organisationsformen – egal ob Matrix-, Linien- oder Stabs-Organisation.

Organisatorische Einheiten

  • Auftraggeber
  • Lenkungsausschuss
  • Projektleiter (u.U. auch zwei Projektleiter: fachlich und administrativ)
  • Teammitglieder
  • Projektexterne, wie Mitarbeiter aus der Linienorganisation (z.B. als Experten), aber auch Agenturen oder Behörden

Der Projektleiter

Der Projektleiter trägt die Verantwortung für die Planung, Überwachung und Steuerung des Projektes. Er gleicht die Projektziele und Rahmenbedingungen mit dem Auftraggeber ab und berichtet regelmäßig an den Lenkungsausschuss. Er wählt die Projektmitglieder und delegiert die Aufgaben. Er hat stets die Übersicht über den Projektfortgang und greift ein, wenn etwas nicht nach Plan läuft.

Berichte und Dokumentationen

Während eines Projektes erstellt der Projektleiter Statusberichte, die den Lenkungsausschuss und Auftraggeber auf dem aktuellen Stand bringen.< Das gewährleistet Informationsgleichstand und Transparenz. Und noch ein Vorteil ergibt sich aus diesem regelmäßigen Austausch:

Er gibt

  • dem Projektteam Gelegenheit, auf Probleme und Risiken hinzuweisen,
  • dem Auftraggeber Gelegenheit einzugreifen,
  • dem Lenkungsausschuss Gelegenheit, Zusammenhänge mit anderen Projekten herzustellen.

Wichtig ist, für sich eine Antwort auf die Frage zu finden, was Hol- und was Bringschuld ist. Hilfreich sind diese vier W-Fragen:

  1. Wer braucht Informationen? (Wer)
  2. Welche Informationen? (Was) 
  3. Zu welcher Zeit? (Wann)
  4. Wie die Informationen aufbereiten? (Wie)

10 Praxistipps

  1. Ruhig bleiben – egal, was passiert.
  2. Zu Beginn einen Schritt zurückgehen und das Projekt planen.
  3. Dabei das Dreieck beachten. Dafür sollten zuerst die Vorstellungendes Auftraggebers abgeklopft werden. Diese solltendann in die Projektplanung einfließen.
  4. Einen Projektstrukturplan (PSP) erstellen.
  5. Bei der Erstellung des PSP nicht in Lösungen denken, sondernnur die Frage nach dem „Was muss erledigt werden?” beantworten.
  6. Besonders für die Aufgaben am Ende des Projektes Zeit freihalten. Auch die Dokumentation, Schulungen, Tests oder Nachbesserungenbrauchen Zeit.
  7. Während eines Projektes kontinuierlich auf die Zeit achten.
  8. Sollte ein Projektteam mehrere Unter-Teams haben, sollten sich diese frühzeitig und regelmäßig austauschen.
  9. Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern (Projektbeschreibung, Änderungen am Projektziel) muss man die Konsequenzen kommunizieren (wie Erhöhung des Budgets, Verlängerung des Abgabetermins).
  10. Wenn jeder weiß, was zu tun ist, steigt die Motivation. Das gleiche gilt, wenn man Projekte in Meilensteine unterteilt und jede Erreichung mit dem Team feiert.

Text: Stefanie Lenze: Fotos: Marcel Hasübert. Titelbild: Picjumbo, CC0. Grafik: gestaltbar