Und doch suchen die Betriebe der chemischen Industrie nach Mitarbeitern, tauchen die Chemie-Jobs in den Listen der beliebtesten Ausbildungsberufe meist erst weit hinten auf. Offenbar haben gerade junge Menschen häufig falsche Vorstellungen von der chemischen Industrie. „Chemie ist Naturwissenschaft und Industrie zugleich. Viele denken daher nur ans Chemielabor", sagt Tobias Göpel vom Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz. Dabei bieten die Betriebe der chemischen Industrie ein ebenso spannendes wie chancenreiches Arbeitsumfeld. Gesucht werden nicht nur Chemikanten. Auch Kaufleute, Informatiker und Mechatroniker haben sehr gute Perspektiven in den rheinland-pfälzischen Unternehmen.
Bundesweit bietet die Chemieindustrie jedes Jahr über 9.000 neue Ausbildungsplätze an, rund 1.460 davon in Rheinland-Pfalz. Insgesamt befinden sich derzeit mehr als 26.000 junge Menschen in der Ausbildung zu einem der gut 50 naturwissenschaftlichen, technischen oder kaufmännischen Berufe in der Branche. „Jeder kann seinen individuellen Berufsweg in dieser Branche gehen", so Göpel. Neben der Ausbildung oder dem klassischen Chemiestudium gibt es die Möglichkeit, dual zu studieren - also Lehre und akademische Ausbildung zu vereinen. Unternehmen schätzen den Mix aus Berufsausbildung, Studium und praktischer Erfahrung.
Um mehr junge Leute für eine Ausbildung in der Chemiebranche zu begeistern, haben die Chemie-Arbeitgeberverbände in diesem Frühjahr die Kampagne „Elementare Vielfalt“, (ElVi) gestartet, mir der sie für eine Ausbildung in den Chemieunternehmen werben. Zentrales Element der Kampagne ist ein Internetauftritt unter www.elementare-vielfalt.de. Neben Porträts der wichtigsten Ausbildungsberufe, Informationen zum Dualen Studium und Bewerbungstipps können Schülerinnen und Schüler dort in einer bundesweiten Ausbildungsbörse freie Ausbildungsplätze oder Plätze für duale Studiengänge der Chemiebetriebe finden.
Der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz geht daneben weitere Wege in der Werbung für die Ausbildungsberufe der Chemiebranche. „Immer mehr Bewerber interessieren sich für sogenannte weiche Themen, wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder das soziale Engagement der Unternehmen“, erklärt Göpel. Daher werden durch den Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz auf Ausbildungsmessen zukünftig Chemie-Cluster angeboten, in denen sich die Mitgliedsunternehmen mit Ihrer Berufevielfalt präsentieren und auch den „Blick hinter das Werkstor“ ermöglichen. Mit dem neuen Förderprogramm StartPlus wenden sich die Chemiearbeitgeber zudem an noch nicht ausbildungsreife junge Erwachsene, die wegen fehlender Qualifikation bisher keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. „Für die Unternehmen ist es ein strategisches Instrument zur Fachkräftesicherung. Und die jungen Menschen haben die Möglichkeit, in einer innovativen Branche eine berufliche Zukunft zu finden.“ Die chemische Industrie in Rheinland-Pfalz ist Vorreiter und hat das Pilotprojekt im September letzten Jahres gestartet. Für die kommenden Jahre haben sich bereits weitere Unternehmen für die Teilnahme angemeldet.
Der Verdienst während einer Ausbildung in der Chemie kann sich sehen lassen. Die Auszubildenden erhalten seit Juli 2012 im ersten Ausbildungsjahr eine Vergütung von 782 Euro. Was die wenigsten wissen: Die Jobs in der Chemie werden oft besser bezahlt als vergleichbare Tätigkeiten in anderen Branchen. Mit einem durchschnittlichen Entgelt von 50.158 pro Beschäftigtem und Jahr übertrifft die Chemie im Bundesvergleich das Verarbeitende Gewerbe (40.461) ebenso deutlich wie beim Bruttomonatsverdienst für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, der 3.941 Euro verglichen mit 3.316 beim Verarbeitenden Gewerbe beträgt. Dazu kommen außergewöhnliche Sozialleistungen, die in Tarifverträgen zur Lebensarbeitszeit und Demografie und zu Einmalzahlungen und Altersvorsorge festgelegt sind. Im gerade vereinbarten neuen Tarifabschluss der Branche wurden darüber hinaus weitere innovative Optionen für eine lebensphasengerechte Arbeitszeitgestaltung geschaffen. So wurde beispielsweise ein Demografie-Korridor entwickelt, mit dem die wöchentliche Arbeitszeit aus demografischen Gründen flexibilisiert werden kann.
Ausbildung in der rheinland-pfälzischen chemischen Industrie
In gut 50 verschiedenen Berufen bilden die Unternehmen der chemischen, der Kunststoff und der Gummi verarbeitenden Industrie in Rheinland-Pfalz aus. Insgesamt sind circa 4.200 Ausbildungsplätze (alle Ausbildungsjahre) besetzt. Jedes Jahr werden rund 1.460 Ausbildungsplätze neu angeboten. Je nach Vorbildung und Verlauf kann die Ausbildung zwischen zwei und vier Jahre dauern.
Ein Überblick über interessante Ausbildungsberufe
Chemielaborant/in
Chemielaboranten arbeiten in der Forschung und Entwicklung zum Beispiel von großen Chemie- und Pharmaunternehmen oder in naturwissenschaftlichen Instituten von Hochschulen. In den Laboren bereiten sie chemische Untersuchungen und Versuchsreihen vor und führen sie durch. Dazu analysieren sie Stoffe, trennen Stoffgemische und stellen chemische Substanzen her. Die protokollierten Ergebnisse werden ausgewertet.
Chemikant/in
Chemikanten arbeiten nicht im Labor, sondern an den Maschinen und Anlagen, mit denen chemische Erzeugnisse hergestellt, abgefüllt und verpackt werden. Sie steuern und überwachen die Anlagen in den Unternehmen zum Beispiel der chemischen Industrie.
Verfahrensmechaniker Kunststoff- und Kautschuktechnik
Kunststoffe und Kautschuke begleiten die Menschen im Alltag. Verfahrensmechaniker kennen die ihre Geheimnisse und bereiten sie als Werkstoffe für Kunststoffverpackungen, Schläuche oder Autoreifen vor.
Fachinformatiker
Fachinformatiker/in Systemintegration ist ein IHK-Ausbildungsberuf in den Fachbereichen Informatik und Informationstechnologie (IT). Fachinformatiker können in fast in allen Branchen eingesetzt werden. Der vielseitige Beruf umfasst die Analyse der Kundenanforderungen über Planung, Einrichtung, Wartung und Administration von Systemen und Rechnernetzen bis hin zur Anwendungs-, Datenbank- und Software- Entwicklung und deren Anpassung.
Duales Studium
Viele Unternehmen der chemischen Industrie bieten engagierten Nachwuchskräften an, ein Studium mit einer praktischen Ausbildung im Betrieb zu kombinieren. Das Duale Studium gibt ihnen die Möglichkeit, Theorie und Praxis zu verknüpfen.
Wissenschaftliche Grundlagen und Methodenkenntnisse können so direkt mit berufspraktischen Erfahrungen im Unternehmen verbunden werden. Die enge Zusammenarbeit von Hochschule und Unternehmen garantiert eine zeitgemäße und praxisorientierte Ausbildung, die an die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Arbeitswelt angepasst ist.
Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge
Diese Studiengänge dienen der beruflichen Erstausbildung. Voraussetzung ist fast immer die Fachhochschul- oder Hochschulreife. Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge verbinden das Studium mit einer Ausbildung im Unternehmen. Die Lehrinhalte und Lernphasen werden miteinander verzahnt. Der Berufsschulunterricht wird entweder gestrafft oder auch komplett durch die Hochschule abgedeckt. Es wird also neben dem Studienabschluss Bachelor auch ein Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf (IHK) erworben.
Praxisintegrierende duale Studiengänge
Diese Studiengänge verbinden das Studium mit längeren Praxisphasen im Unternehmen oder einer beruflichen Teilzeittätigkeit. Praxisintegrierende duale Studiengänge richten sich an Interessenten mit Fachhochschul- oder Hochschulreife. Die Lehrveranstaltungen an der Hochschule oder Akademie und die praktische Ausbildung sind inhaltlich aufeinander abgestimmt. Voraussetzung für eine Immatrikulation in einen praxisintegrierenden Studiengang ist eine vertragliche Bindung an ein Unternehmen.