Frankenthal. „Wir befinden uns in einer schwierigen Tarifrunde, mit grundlegend abweichenden Bewertungen der wirtschaftlichen Lage“. Dieses Fazit zieht Hans Oberschulte, Vorsitzender der Tarifkommission des Arbeitgeberverbandes Chemie (AGV), am Ende einer sachlich geführten Wirtschaftsdebatte in Frankenthal.
„Das Signal „Kräftig zulangen“ der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) können unsere Unternehmen nicht verstehen. Viele sind noch dabei, den Einbruch aufzuholen. Zusätzlich drücken rapide gestiegene Rohstoffpreise auf die Erträge. Die Forderung nach sieben Prozent mehr weisen die Arbeitgeber zurück“, führt Oberschulte weiter aus. Die Arbeitgeber betonten in den Verhandlungen, dass durch die Erholung im vergangenen Jahr die Verluste aus der Krise nicht ausgeglichen werden konnten. „Es gibt kein echtes Wachstum, was die Verteilungsansprüche der Gewerkschaft rechtfertigt“, so Oberschulte. „Die Freude über die rasche Erholung teilen wir, aber übertriebene Euphorie ist ein denkbar schlechter Maßstab“, erklärt Oberschulte.
Die Bewältigung der Krise in der Chemie war möglich, weil Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam ihren Beitrag geleistet haben. Die verantwortungsbewusste Anwendung der Flexibilisierungsinstrumente und die Kurzarbeit haben Unternehmen und Arbeitnehmern geholfen, die Krise zu überstehen. Das Ergebnis waren stabile Beschäftigtenzahlen bei hohen Lohnstückkosten. „Dass die IG BCE jetzt die Krisenbewältigung als Grundlage für überzogene Entgeltforderungen nimmt, können insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht verstehen“, betont Oberschulte.
Für 2011 wird für die chemische Industrie ein moderates Wachstum prognostiziert. Dem stehen viele Unsicherheiten gegenüber. „In den letzten Jahren haben wir wiederholt auf die Risiken der Rohstoffpreise hingewiesen. Heute sind es Tatsachen, welche die Unternehmen stark belasten“, so Oberschulte und ergänzt „die Kosten haben sich hier innerhalb kürzester Zeit verdreifacht“. Dazu kommen die begrenzten Wachstumsaussichten für europäische Länder, die Abnehmer der Chemieindustrie sind, und die hohen Arbeitskosten in der Branche. „Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und die kleinen rheinland-pfälzischen Betriebe mit noch höheren Arbeitskosten belasten“, schließt Oberschulte.
Die Verhandlungen werden auf Bundesebene am 15. März 2011 in Hannover fortgeführt.