Die Chemie wächst weiter, aber wesentlich langsamer

Die Erholung in der Branche schwächt sich ab. Der VCI erwartet für 2011 Wachstum beim Umsatz von vier Prozent. SWR berichtet über ein Unternehmen aus Rheinland-Pfalz.

Die Chemie wächst weiter, aber wesentlich langsamer

Dr. Engel, VCI

Die chemische Industrie hat 2010 mit 11 Prozent den stärksten Produktions­zuwachs seit 1976 erzielt. Die Erwartungen des viertgrößten Industriezweiges in Deutschland für 2011 sind aber verhalten. „Unsere Branche hat ein erstaunliches Jahr erlebt, das in dieser Form eine Ausnahme bleiben wird“, erklärte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Dr. Klaus Engel, in Frankfurt. „Nach einer rasanten Aufholjagd bewegen wir uns jetzt wieder in moderateren Bahnen.“ Die deutsche Chemie werde zwar weiter wachsen, aber mit wesentlich geringerer Dynamik als 2010, so der VCI-Präsident.

 

Der VCI geht davon aus, dass die Chemie-Produktion im nächsten Jahr um 2,5, der Umsatz um 4 Prozent steigen wird. Gründe für die erwartete deutliche Abschwächung der Erholung seien vor allem die begrenzten Wachstumsaussichten der Industrieländer mit ihren Wirkungen auf das Exportgeschäft der deutschen Chemie: „Das rasche Comeback der Weltwirtschaft, das uns in den zurückliegenden zwölf Monaten getragen hat, ist auch auf eine expansive Geld- und Fiskalpolitik zurückzuführen. Von einem selbsttragenden Aufschwung der Weltwirtschaft kann deshalb nicht die Rede sein“, betonte Engel. Die hohe Staatsverschuldung zwinge viele Länder im kommenden Jahr zu sparen. Erst dann werde sich zeigen, wie stark die Auftriebskräfte wirklich seien.

 

Umsatz: Der Gesamtumsatz der deutschen chemischen Industrie stieg 2010 um 17,5 Prozent auf insgesamt 170,6 Milliarden Euro. Das Geschäft mit Kunden im Ausland konnte im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 99,6 Milliarden Euro ausgebaut werden. Es hat damit das Vorkrisenniveau von 2007 bereits überflügelt. Der Inlandsumsatz legte um 14 Prozent zu und erreichte ein Volumen von 71,0 Milliarden Euro. Das Inlandsgeschäft liegt damit noch rund 10 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.

 

Preise: Die Preise für Chemikalien zogen 2010 kräftig an. Im Durchschnitt waren Chemikalien und Pharmazeutika rund 3,0 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Insbesondere in den rohstoffnahen Sparten kam es zu einem Preisanstieg.

 

Investitionen: Im Krisenjahr 2009 hatten die deutschen Chemieunternehmen zahlreiche Investitionsvorhaben gestoppt oder verschoben. Die Investitionen sanken um 14 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro. Die inzwischen wieder normal ausgelasteten Kapazitäten und die gute Ertragslage in der Branche sprechen nach Ansicht des VCI dafür, dass die Unternehmen ihre Investitions­zurückhaltung in diesem Jahr aufgegeben haben. Andererseits werde die Unsicherheit, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung fortsetze, zu vorsichtiger Planung führen. Vor diesem Hintergrund rechnet der VCI für das laufende Jahr mit einer Ausweitung der Investitionen in Anlagen und Gebäude um 5 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr.

 

Forschungsaufwendungen: Nachdem die chemische Industrie schon 2009 ihre Innovationsanstrengungen um mehr als 8 Prozent ausdehnte, wird sie laut VCI in diesem Jahr noch einmal rund 4 Prozent mehr in die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren investieren. Damit erreichen die FuE-Aufwendungen der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie fast 9,4 Milliarden Euro. „Hiermit unterstreicht die Branche ihr Bekenntnis zum Forschungsstandort Deutschland“, betonte VCI-Präsident Engel.

 

Beschäftigung: Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche ging im Verlauf des Jahres 2010 um 0,5 Prozent auf 414.200 Beschäftigte zurück. Insgesamt hat die deutsche Chemie seit 2008 im Verlauf der Wirtschaftskrise deutlich weniger Arbeitsplätze abgebaut (-3%) als die Chemie in den europäischen Nachbar­ländern (-8%) oder andere Industriezweige hierzulande (-6%).

 

Außenhandel: Die Exporte, die neben den Auslandsumsätzen der Chemie­unternehmen auch Re-Exporte sowie Chemieexporte anderer Wirtschaftszweige ins Ausland enthalten, stiegen 2010 um 17,5 Prozent auf 143,8 Milliarden Euro. Die größte Dynamik zeigten dabei Asien und Südamerika. Aber auch die europäischen Nachbarländer orderten verstärkt bei den deutschen Chemieunternehmen. Die Importe lagen mit 100,8 Milliarden Euro 16,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die deutschen Chemieunternehmen trugen mit 43 Milliarden Euro zu rund einem Viertel zur positiven Leistungsbilanz Deutschlands im Außenhandel bei.