Im Schulleben wäre es wohl eine knappe „4“, die die Schulbücher in Rheinland-Pfalz für die Darstellung von ökonomischen Zusammenhängen jetzt erhalten haben. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die von der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) und dem Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz (AGV Chemie) in Auftrag gegeben wurde.
Die Untersuchung mit dem Titel „Unternehmer und Soziale Marktwirtschaft im Schulbuch in Rheinland-Pfalz“ setzte sich mit den Schulbüchern für die Unterrichtsfächer Geschichte, Erdkunde, Wirtschafts- und Sozialkunde auseinander. Untersucht wurden Schulbücher aller Schulformen der Sekundarstufen I und II.
„Die Inhalte der rheinland-pfälzischen Lehrpläne tragen nicht originär zum Aufbau einer ökonomischen Grundbildung bei“, kritisierte der Leiter des Wissenschaftsbereichs I beim IW, Dr. Hans-Peter Klös, bei der Vorstellung der Studie am Dienstag (17. November 2009) in den Räumen der Stiftung Lesen in Mainz. Die Unternehmen würden wie eine Black-Box dargestellt, die im besten Fall ihre Funktion in der Wertschöpfungskette und als Arbeitgeber erfüllen – und im schlechtesten Fall müsse es halt der Staat richten.
„Begriffe wie Leistungsprinzip, Privateigentum, Wirtschaftskreislauf, Preisbildung und Funktionen von Steuern werden in den aktuell gültigen Lehrplänen der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer nicht oder nur vereinzelt verwendet“, erklärt Dr. Klös. Besonders schlecht schneiden die Schulbücher für die Fächer Erdkunde und Geschichte ab – hier verweigert der IW-Experte die Versetzung: „In den Geschichtsbüchern erfolgt die Darstellung der Sozialen Marktwirtschaft weitgehend aus historischer Perspektive – ohne einen Sinn für Wirkungszusammenhänge zu vermitteln.“
Für LVU-Präsident Dr. Gerhard F. Braun leitet sich aus den Ergebnissen der Studie, die in ihrer Langfassung knapp 90 Seiten umfasst, vor allen Dingen eine Feststellung ab: "Eine Überarbeitung der gesellschaftswissenschaftlichen Lehrpläne unter Berücksichtigung eines Curriculums ökonomischer Bildung ist dringend geboten." Hierzu, so Dr. Braun, bieten LVU und AGV Chemie ausdrücklich ihre Mitarbeit an. Gemeinsam mit Dr. Herbert Stein, dem Vorstandsvorsitzenden der Chemieverbände, hat er Bildungsministerin Doris Ahnen schriftlich vorab die Ergebnisse der Studie mitgeteilt und die Unterstützung der Unternehmerverbände in Rheinland-Pfalz bei der Verbesserung der Situation zugesagt: „Dieser Herausforderung sollten wir uns gemeinsam stellen“, sind sich Dr. Braun und Dr. Stein einig.
Dr. Braun verweist darauf, dass sich die Unternehmerverbände schon lange der Bildungspolitik verpflichtet sehen: „In der Landesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT beispielsweise organisieren wir seit mehr als 50 Jahren in mittlerweile 33 regionalen Arbeitskreisen die Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Unternehmen.“ Diese Graswurzelarbeit funktioniere erfahrungsgemäß außerordentlich gut.
Auch Dr. Stein stellt fest: „Durch die Schulbücher wird der Eindruck vermittelt, dass die Wirtschaft ein Regelkreismodell ist, welches den Wohlstand wie selbstverständlich generiert. Und das ist nicht der Fall. Die Grundlage des Erfolges der Chemie-Unternehmen sind leistungsfähige Mitarbeiter, die das Grundprinzip der unternehmerischen Tätigkeit kennen und verstanden haben.“ Allerdings stellt er auch fest: „Mit dem Bildungsministerium verbindet uns bereits eine erfolgreiche Bildungspartnerschaft.“ Für den Vorstandsvorsitzenden der Chemieverbände geht es daher nicht darum, Schuldige zu benennen, sondern eine Lücke zu schließen: „Wir setzen uns dafür ein, dass die Wirtschaft bei der Gestaltung der Lehrpläne und der Schulbücher als Ideengeber und Hilfesteller eingebunden wird.“