Konjunktur

Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz hat sich im Jahr 2021 sehr stark erholt. Profitiert haben davon auch alle Wirtschaftszweige, in denen die Mitgliedsunternehmen der Chemieverbände tätig sind. Mit Beginn des vierten Quartals 2021 hat sich jedoch die Stimmung gedreht. Aufgrund stark steigender Preise bei Rohstoffen, Energie und Logistik gerieten die Gewinnmargen unter Druck. Für große Unsicherheiten und einen ungewissen Ausblick sorgte letztlich der Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen auf die Branche.

Die Erholung der Betriebe im Jahr 2021 ging rasch vorwärts. Die globale Nachfrage nach Produkten stieg. Insgesamt hat die Chemie-Industrie einen Umsatz von 30,7 Milliarden Euro und damit rund 22 Prozent mehr als im Vorjahr erwirtschaftet. Gestiegen sind auch die Aufträge (+16%) und die Produktion (+6,1%). Gute Zuwächse gab es ebenfalls bei den Kunststoffverarbeitenden Betrieben sowie Lack- und Farbherstellern. Speziell das Wachstum bei Pharma ist coronabedingt sehr groß ausgefallen. Die Umsätze haben sich fast verdoppelt und stiegen auf 5,6 Mrd. Euro. Ein beträchtlicher Anteil des Zuwachses geht auf die Entwicklung und Produktion eines Impfstoffes zurück und spiegeln kein Wachstum der gesamten Branche wider. Diese hatte im Jahr zuvor noch ein Umsatzminus

Licht und Schatten in der Branche

Insgesamt ist bei dem Wachstum in den Betrieben zu beachten, dass hier verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, die den Zuwachs relativieren. Die Umsatzsteigerung begründet sich nicht nur in der Erholung der Branche. Sie ist zum Teil auch auf Preiserhöhungen zurückzuführen, um die Kostensteigerungen bei Energie, Rohstoffen und Logistik weiterzugeben. So teilte das statistische Landesamt Ende März mit, dass die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte den stärksten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahre 1949 erlebt haben. Im Jahr 2021 betrug der Anstieg 11% gegenüber dem Vorjahr, im Dezember 24%. Laut einer VCI-Umfrage im Herbst 2021 konnten die Betriebe die Preise nur teilweise weitergeben und hatten dadurch spürbar geringere Gewinne zu verkraften.

Bei den Aufträgen sind Nachholeffekte zu berücksichtigen. Dies wird auch daran deutlich, dass der starke Anstieg bei den Chemie-Aufträgen nur bis August anhielt. Danach gingen die Bestellungen deutlich zurück, in den Monaten Oktober und November lagen diese sogar unter dem Vorjahreswert. Zudem konnten die Betriebe nicht alle Aufträge abarbeiten. Denn bereits im 3. Quartal machten sich Lieferengpässe bemerkbar.

Umsatz 2021 in Mio. Euro

2021 - Industrie-Umsätze Rheinland-Pfalz im Vergleich

Gestörte Lieferketten belasten Produktion

Die anhaltenden Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten belasten die Betriebe. Hinzu kommen Kaskadeneffekte durch Schwierigkeiten bei den Kundenindustrien. Wenn zum Beispiel in der Fahrzeugherstellung Bauteile fehlen, wird bereits gefertigte Ware der Chemiebetriebe nicht abgerufen. Damit verbunden ist eine hohe Volatilität in der Produktion. Besonders betroffen sind die Automobilzulieferer. Nach der Corona-Krise kam die Halbleiter-Krise. Dies bedeutet einen Wechsel zwischen Kurzarbeit und Vollauslastung im Wochentakt. Eine vernünftige betriebswirtschaftliche Planung ist hier schwer möglich. Der Bereich Automotive ist auch derjenige in der Mitgliedschaft der Chemieverbände, der wirtschaftlich am stärksten unter Druck steht.

Die gestörten Lieferketten sind auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Chemieproduktion seit Dezember 2021 wieder nachlässt. Sie liegt noch unter den Jahren 2019 und 2018 – damit ist das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht.

Auch 2022 hatte sich die Konjunktur bereits weiter abgekühlt. Nachdem sich die Betriebe auf hohe Investitionen eingestellt hatten, um die Transformation der Branche zu meistern, warf der Ukraine-Krieg einen großen Schatten auf viele Betriebe. Der russische und ukrainische Markt für die chemisch-pharmazeutische Industrie sind in der Gesamtbetrachtung mit rund drei Prozent relativ gering. In der Einzelbetrachtung ist die Betroffenheit jedoch sehr unterschiedlich und die Sanktionen gegenüber Russland treffen dann stark. Die deutlich größere Belastung für die Branche stellt die unsichere Versorgung mit Rohstoffen dar. Speziell Erdgas wird als Rohstoff und zur Stromerzeugung genutzt. In Rheinland-Pfalz deutlich mehr als im deutschen Durchschnitt.

Stabiles Angebot für junge Menschen beim Start ins Berufsleben

1.289 Ausbildungsplätze haben die Mitgliedsunternehmen des Verbandes im vergangenen Jahr angeboten. Diese zu besetzen wird zunehmend schwerer, insbesondere in der Produktion. Es wird deutlich, dass sich der Markt gedreht hat: Der Bedarf an Fachkräften steigt. Das ist gut für die Azubis. Denn wer seine Ausbildung erfolgreich beendet, wird in der Regel vom Betrieb übernommen. Dies zeigt die Übernahmequote von 98 Prozent. Abgenommen haben die Förderangebote in der Chemie hin zur Ausbildungsreife, da die jungen Menschen direkt mit einer Ausbildung beginnen.

Von den angebotenen Plätzen entfallen 1.055 auf eine duale Ausbildung, 124 auf ein duales Studium und 110 auf eine Fördermaßnahme.

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