Industrieproduktion in Rheinland- Pfalz ab 2030 nur noch bei gutem Wetter?

Die Geschäftsführerkonferenz der 37 Mitgliedsverbände der LVU verfolgt mit Sorge die bisher bekannt gewordenen Eckpunkte der Rot-Grünen Koalitionsverhandlungen aus den Bereichen Wirtschaft, Energie und Infrastruktur.

Das bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen ausgegebene Ziel, bis zum Jahre 2030 den kompletten Strombedarf in Rheinland-Pfalz ausschließlich über erneuerbare Energien decken zu wollen ist aus Sicht der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) unrealistisch und gefährdet den WirtschaftsstandortRheinland-Pfalz. „Die Unternehmen im Land sind auf eine dauerhaftverlässliche Energieversorgung dringend angewiesen“, macht LVU HautpgeschäfsführerWerner Simon deutlich.

Allein mit den Erneuerbaren Energien kann dies jedoch nicht gelingen, wie die Erfahrungen aus dem Jahr 2009 zeigen. Damals ist die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien um 0,4 Prozent zurück gegangen, und das obwohl die Kapazitäten deutlich ausgeweitet worden waren. So standen 2009 beispielsweise 14 % mehr Windkraftanlagen als im Vorjahr zurVerfügung. Grund für die rückläufige Stromerzeugung waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes „die ungünstigen meteorologischenund hydrologischen Bedingungen im Jahr 2009, in dem bundesweit vergleichsweise geringe Windmengen und eine niedrige Wasserführung der Flüsse zu verzeichnen waren.“

Daher warnt Simon: „Die Industrieproduktionin Rheinland-Pfalz darf nicht vom Wetter abhängig werden.“ Es sei zudem völlig abwegig, die Energieversorgung anders als europäisch regeln zu wollen: „Schon der nationale Alleingang innerhalb der EU ist schwer zu vermitteln. Wenn jetzt aber auch noch jedes Bundesland seinen eigenen Weg bei der Energieversorgung einschlägt, dann sind wir endgültig wieder in der Kleinstaaterei angekommen, die wir mit der europäischen Einigung längst überwunden geglaubt hatten“, macht der LVU Hauptgeschäftsführer deutlich.

Die Wirtschaft sehe schon aufgrund der gesellschaftlichen Haltung zur Atomenergie und der absehbaren Endlichkeit der fossilen Brennstoffe die Notwendigkeit, dauerhaft bei der Energie-Erzeugung auf nachhaltige Lösungenzu setzen. „Wer die Erneuerbaren Energien stärken will, der darf dies jedoch nicht an einem willkürlichen Datum festmachen, sondern der muss sich an der technologischen Entwicklung – beispielsweise bei den Energiespeichermedien – orientieren. Erst wenn wir in diesem Bereich soweit sind, dass wir den bei Sonnenschein oder Wind erzeugten Strom so sicher speichern können, dass er bei Wolken oder Flaute in dem dann benötigten Maße wieder abgerufen werden kann, dann sind wir auch soweit, die Quote der Erneuerbaren Energien weiter zu steigern.“

Werner Simon macht deutlich, dass neben der Frage der Versorgungssicherheit für die Unternehmen auch die Frage der Energiekosten relevant ist: „Es gibt energieintensive Unternehmen mit einem Energiekostenanteil von bis zu 60 Prozent. Würden diese Unternehmen durch Abgaben oder Stromsteuer zusätzlich belastet, wäre deren Existenz in Gefahr.“ Darum müsse die Befreiung von der Stromsteuer für bestimmte produzierende Prozesse (§9a StromStG) ebenso erhalten bleiben, wie die Befreiung von der Pflicht für stromintensive Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, einen bestimmten Anteil an (teurerem) Strom aus Erneuerbaren Energien abnehmen zu müssen (§ 40 EEG).

„In diesem Zusammenhang besteht auch die ganz reale Befürchtung, dass mit einer Steigerung der Quote des Stroms aus Erneuerbaren Energien auch das Strompreisniveau insgesamt steigt und zu einer wettbewerbsverzerrenden Strompreiserhöhung für Industrie-Unternehmen in Rheinland-Pfalz führt“, so Simon. Die Folge hiervon wäre nicht etwa eine Verlagerung der Produktionsstätten, sondern bei kleinen und mittleren Unternehmen deren Schließung.

Hintergrund

Auf der Pressekonferenz von SPD und Grünen vom vergangenen Donnerstag (14. April2011) sagte der Landessprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, Daniel Köbler, es sei das gemeinsame Ziel von SPD und Grünen, bis 2030 100 % des Strombedarfs in Rheinland-Pfalz durch erneuerbare Energien zu decken. Auf Nachfrage erklärte Ministerpräsident Kurt Beck, der Wert liege aktuell bei 16 %.

Erreicht werden soll die Steigerung nach Aussagen von Köbler bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Kernenergie im Bund und unter Verzicht auf den Neubau von Kohlekraftwerken durch den Abbau planungsrechtlicher Hemmnisse sowie eine verstärkte Verbraucherberatung.

Die Meldung des Statistischen Landesamtes, auf die Bezug genommen wird, stammt vom 1. April 2011 und ist hier nachzulesen: http://www.statistik.rlp.de/weiterewirtschaftsthemen/energie/einzelansicht/archive/2011/april/article/im-jahr-2009-etwasweniger-strom-aus-erneuerbaren-energietraegern-broekostromerzeugung-von-natuerlich/