Hamm/Sieg. Um die Stärkung des Industriestandortes Rheinland-Pfalz und um die Themen Energie, Mobilität und Personalgewinnung ging es beim Treffen von FDP-Bundestagsabgeordneter Sandra Weeser und Christof Lautwein, dem Vorsitzenden des FDP-Kreisverbandes Altenkirchen, mit dem Geschäftsführer der TMD Friction GmbH Stefan Podschun und dem Betriebsratsvorsitzendenden Bernd Templin, sowie Vertretern der Chemieverbände Rheinland-Pfalz. TMD Friction ist der größte Arbeitgeber in der Region Westerwald. Das Unternehmen produziert am Standort Hamm seit fast 60 Jahren aus natürlichen und chemischen Rohstoffen Bremsbeläge für Nutzfahrzeuge.
Energie: Kostensteigerungen belasten den Standort
Waren die letzten Jahre wirtschaftlich erfolgreich, so spürt der europäische Marktführer nun die Konjunkturschwäche: „Im zweiten Halbjahr erleben wir einen deutlichen Rückgang der Auftragseingänge“, so Geschäftsführer Stefan Podschun. „Wir stellen uns auf Veränderungen ein.“
In den letzten Jahren investierte das Unternehmen mehrere Millionen in den Standort. So wurde das Potenzial der Energieeffizienz mit zahlreichen Maßnahmen praktisch ausgeschöpft und der Energieverbrauch um fast 20% reduziert. Dennoch steigen die Ausgaben für Strom. „Ursache sind die Netz-Kosten und die EEG-Umlage“, so der Geschäftsführer. Sie machen mittlerweile 75% der Energiekosten aus. Schon heute zahlen Gewerbe und Industrie in Deutschland die höchsten Strompreise in der EU.
„Energie muss bezahlbar und versorgungssicher sein“, so Abgeordnete Sandra Weeser. „Wir müssen technologieoffene, marktwirtschaftliche Lösungen finden. Die Lenkungswirkung der Stromsteuer ist nicht mehr gegeben.“
Einig waren sich Weeser und Bernd Vogler, Hauptgeschäftsführer der Chemieverbände, beim „Meinungsklima“ in den politischen und öffentlichen Debatten: „Es fehlt an Sachlichkeit, die den Fokus weiten kann auf die Fakten und praktikable Lösungsvorschläge zur Energiewende“, so Vogler. Klimaschutz sei für die chemische Industrie ein wichtiges Thema: „Wir brauchen internationale Vereinbarungen. Ein nationaler Alleingang, der die hiesige Industrie zusätzlich belastet, ist nicht der richtige Weg.“
Weeser: „Die Industrie finanziert unseren Wohlstand.“
Vielen sei nicht bewusst, dass die Industrie unseren Wohlstand finanziere, so die Abgeordnete. Sie warnte davor, dass mit steigenden Regulierungen Konzernstandorte abwanderten. „Wir brauchen eine innovative Wirtschaftspolitik, die besonders mittelständische Betriebe im ländlichen Raum stärkt.“ Eine gute Infrastruktur gehört dazu. TMD Friction wird über die Straße mit Rohstoffen versorgt; auch die Produkte werden über LKW ausgeliefert. „Wir sind 45 Minuten von jeder Autobahn entfernt – die Versorgung kann eine Herausforderung sein“, so Podschun.
Die Elektromobilität, die zurzeit die Automobilindustrie und damit auch die Zulieferer prägt, konzentriere sich derzeit auf den PKW-Markt. Im Bereich der Nutzfahrzeuge werde weiterhin auf klassische Antriebsmotoren gesetzt. Die Abgeordnete und der Geschäftsführer sprachen sich für einen breiten innovativen Ansatz aus, der sich nicht nur auf den Elektroantrieb fokussiere.
Personalgewinnung und Ausbildung
„Ausbildung ist ein wichtiges Thema“, sagte Betriebsratsvorsitzender Bernd Templin. „Wir werben für die duale Ausbildung in der Industrie, aber es wird schwieriger, die Stellen zu besetzen. Wir profitieren von der guten Bezahlung und vom Flächentarifvertrag der Chemie.“ 371 Mitarbeiter arbeiten bei TMD, viele schon seit Jahrzehnten. Gleichzeitig seien hohe Tarifabschlüsse und damit das hohe Lohnniveau bei TMD eine „Hypothek auf die Zukunft“, ergänzt Podschun. Jede Tariferhöhung müsse TMD über Produktivität wieder einspielen. Sie kenne die Lage bei der Suche nach Auszubildenden, ergänzte Weeser. Sie plädierte für eine gute Schulbildung, denn „unsere Welt verändert sich sehr stark. Wir kennen die Berufe, in denen unsere Kinder arbeiten werden, heute noch gar nicht. Daher ist Bildung unsere wertvollste Ressource.“ Auch Podschun wünscht sich mehr Veränderungsbereitschaft in Deutschland – ohne bei Veränderung gleich an Einschnitt oder Krisen zu denken, sondern an Chancen.